Geschichte - Kleinböhla von Marita Gäbler
 

1.Allgemeines zur Besiedelung unserer Region und geschichtliche Zusammenhänge

Die Geschichte von Böhla ist die Geschichte des Lebens, das durch die Menschen in unseren Ortsteilen geprägt ist.

Das Leben geht unaufhaltsam seinen Gang und bewirkt immer wieder Veränderungen und ein Weitergehen.

Was heute gut und notwendig ist, ist morgen schon überholt und nicht mehr praktikabel.

Das Leben ist schneller und unaufhaltsamer geworden. Die Welt ist klein geworden, dank Internet

und Reisefreiheit.

Aber Generationen haben in ihrem Leben Spuren hinterlassen, die heute noch erkennbar und gegenwärtig sind.

Dies fest zu halten ist der Sinn der Aufzeichnungen.


Seit 22.02.1991 lebe ich mit meiner Familie in Kleinböhla.

Seit dieser Zeit arbeite ich an der Geschichte der Ortsteile. Begonnen hat diese Arbeit durch die

Leidenschaft, die der einstige Chronist des Ortsteils Großböhla, Rudi Starke, zeigte und die sich auf mich übertrug.



Wer auch immer die Aufzeichnungen liest, Vollständigkeit war nicht mein Ziel.

Eigene Gedanken und Betrachtungen sind erwünscht.






Marita Gäbler














Allgemeines zur Besiedelung unserer Region und geschichtliche Zusammenhänge


Die Region, in der wir leben ist durch die Flussauen der Mulde und  von den Wäldern der Dahlener Heide und dem Wermsdorfer Forst geprägt.

Das flache und wellige Landschaftsbild mit den bewaldeten Heiden wird unterbrochen

von den Hohburger Bergen, die wir von Böhla  aus gut erkennen können, dem Schildberg und dem Collm.

Wie ein Wächter steht der Collm und schaut, ob auch alles rechtens ist zu seinem Fuße.

Mit seinen 314 Metern über NN ist er weithin sichtbar und seine Ausläufer, der Schlangenberg und der Windmühlenberg prägen sein markantes Bild.

Der Collm besteht aus quarzitischen Grauwacken, die sich bereits in der Erdurzeit, vor ca. 600 Mio

Jahren bildeten.

Der Collm ist der älteste Berg  Nordsachsens.

Steinzeitliche Funde aus der Collmregion belegen, dass Menschen sich hier angesiedelt hatten und in der Lage waren, aus den Grauwacken des Collms Werkzeuge, Faustkeile, gelochte Hämmer, Querbeile, herzustellen.( Erwin Heinze, Frauwalde, Artikel in der OAZ 2008“ Neolitische Werkzeuge vom Collm“)

Über die Sesshaftigkeit dieser Menschen ist nichts ausgesagt.

Eines steht aber fest, dass bis zum 4.Jahrhundert nach Christus unser Siedlungsraum von den germanischen Hermunduren besiedelt war.

Im Zuge der großen Völkerwanderungen zogen sie westwärts.

Im Elbegebiet z.B. bei Riesa und in Nickern bei Dresden finden sich noch im 7. Jahrhundert germanische Siedlungen, die durch archäologischen Einzelfunde festgestellt wurden.

Reiner Gross: Geschichte Sachsens ,Edition Leipzig, 2. Auflage 2002, Seite 14

Auf zwei unterschiedlichen Wegen kamen slawische Stämme in den Siedlungsraum der Germanen

und machten sich zwischen Saale und mittlerer Elbe sesshaft.

In unserer Gegend siedelten Sorben, die Daleminzier. Sorbe heißt soviel wie Nachbar, Verwandter.

Sie errichteten ihre Dörfer in den Offenlandschaften der Lößgebiete, in der Nähe von Flüssen oder Bächen, auf hochwasserfreiem Gelände.

Die Familienverbände setzten sich aus Bauernkriegern zusammen und einer Führungsschicht, die aus Stammesadel, Priestern und Heerführern und Kleinkönigen bestand.

Gesellschaftliche Unterschiede gab es also schon.

Die Siedlungen bestanden aus ca. fünf Bauernstellen, die zu einer Großfamilie gehörten.

Die Sorben betrieben Ackerbau, Viehzucht, Bienenzucht, Fischfang.

Noch heute sind die slawischen Siedlungsräume an den Flurformen zu erkennen.

Blockfluren sind die ältesten Flurformen und seit der sorbischen Besiedelung beinahe unverändert.

Es gab blockförmige Felder, die gut längs und quer gepflügt werden konnten

Aber auch die Arbeit an der Töpferscheibe und Anfertigung von Metallgegenständen beherrschten sie.

Und sie betrieben Handel und hatten auch ein Marktwesen entwickelt.

Einer Vielzahl von Götteropfern brachten sie an Quellen, Seen dar.

Haine verehrten sie als Heiligtümer und brachten auch dort Opfergaben dar oder ließen den Rat, das Wetsche, über das Wohl und Wehe der Dorfgemeinschaft entscheiden.Ebenda,Seite 15

Das Wetsche durften nur Männer abhalten.

Eine dichte Besiedelung unserer unmittelbaren Region durch sorbische Stämme ist aber eher unwahrscheinlich.

Eine Karte von Reiner Groß gibt darüber genauer Auskunft.

Es ist aber anzunehmen, dass Sorben hier lebten, um uralte Handelswege von der Elbe aus am Nordhange des Collms bis hin zur Mulde zu sichern.

Möglicherweise sind uralte Flurbezeichnungen wie Hayn, Hainstraße, Hainteich, die nicht nur in der Böhlaer Region zu finden sind, ein Indiz dafür.

Noch heute lassen Ortsnamen oder Wörter, die dem Slawischen entlehnt sind, auf die Besiedelung durch die slawische Bevölkerung schließen.

Granica= Grenze, Muca= Kuh, Mutschekuh, Pilo = das kleine Gänschen-Bilchen.

Im 8. und 9. Jahrhundert hatte sich die herrschaftlich geprägte Oberschicht gegenüber einer bäuerlichen Bevölkerungsschicht deutlich heraus gebildet.

Die Entwicklung der politischen Eigenständigkeit und Organisation der Slawen sowie deren

Kultur wurde beendet, als deutsche Könige z.B. Heinrich I. ( erster deutscher König) und Kaiser z.B. Otto I. nach dem Slawenland strebten und Ungarneinfälle das Leben der slawischen Bevölkerung verunsicherten.


In seinem Eroberungskampf gegen die Daleminze 929 hatte Heinrich I. einen Gegner vor sich, der

sich mit aller Gewalt der deutschen Macht entgegen stellte.

Widukind von Korvei schreibt dazu: „ Und da er ( Heinrich I.) mit jener Burg ( Brennebur ) das ganze Land in seine Gewalt bekommen, wandte er sich nach Dalamantien, desse Bekriegung ihm schon vor Zeiten sein Vater überlassen hatte, belagerte er die Burg, Gana genannt, und nahm sie endlich am zwanzigsten Tage. Die Beute aus der Burg überließ er den Kriegern, alle Erwachsenen wurden niedergemacht, die Knaben und Mädchen in der Gefangenschaft aufbewahrt“

Ebenda,Seite 15

Der Stammesfürst Tudumir und seine Schwester sollen beide auf König Heinrichs Hof gebracht worden sein.

Die Feste Gana ist wahrscheinlich der Stammesmittelpunkt der Slawen in unserer Region gewesen.

Sie wurde 2007 bei Ausgrabungen in Hof bei Oschatz lokalisiert. Karte / Bild

Nach neueren Ausgrabungen und Erkenntnissen ( 2009 ) gehen die Forscher nun davon aus, dass Gana sich bei Zschaitz befunden haben soll. Die Geschichte wird es zeigen, welcher Standort nun der Wahre ist.

Nach dem siegreichen Feldzug gegen die Slawen hatte Heinrich I. auf einem Berge im dichten Wald einen Platz gefunden haben, wo er nach der Rodung der Bäume eine Burg erbauen ließ.

Sie erhielt den Namen Misni-Meißen. Im Jahre 929.

In Meißen gibt es ein Denkmal von König Heinrich I., das auf dem Heinrichsplatz errichtet ist.

Auch in Torgau wurde auf einer slawischen Befestigung eine deutsche Burg errichtet. Im Jahre 973.

Entlang östlich der Elbe wurde gezielt ein Burgensystem errichtet, das als Ausgangspunkt für das weitere Vorstoßen in slawisches Gebiet notwendig war. Burg Strehla, Belgern, Pretzsch.....

Außerdem setzten die deutschen Feudalherren alles daran, die eroberten Gebiete auch gegen die

ständigen Übergriffe der Ungarn zu sichern. Die Ungarn hatten das Ziel, weiteres Land zu

erobern und machten den Slawen ebenso das Leben schwer.

Mit den siegreichen Vorstößen in das slawische Gebiet sicherte sich Heinrich I. seine Territorialmacht und die Königsmacht. Alles eroberte Land war nach germanischem Brauche Königsland. Es  musste gesichert und verwaltet werden. Deshalb wurde es in Marken/ Grenzland

aufgeteilt und Markgrafen wurden vom König z.B. mit einer Mark belehnt und hatten das eroberte Land zu sichern und Abgaben zu leisten.

Heinrichs Sohn Otto I. setzte die Besiedlungspolitik seines Vaters fort. Regierungszeit 936-973.

Otto I. ließ sich in Rom zum Kaiser von Gottes Gnaden krönen und stärkte damit seine Macht.

Unter seiner Herrschaft wurde die Christianisierung der slawischen Bevölkerung voran getrieben.

Die unter seiner Herrschaft gegründeten Bistümer – Erzbistum Magdeburg mit den Bistümern

Merseburg, Zeitz und Meißen 968  beschleunigten die Christianisierung.

Aber auch die bäuerlichen Siedler brachten das Christentum mit.

Das Leben wurde geleitet und beobachtet nach christlich-katholischen Regeln. Abweichungen

wurden strengstens bestraft.

Alle „ Vergehen“, die durch Menschen dereinst begangen wurden, waren in ihrem Wahrheitsgehalt vom „Urteil Gottes“ abhängig. Die kirchlichen Hohheiten schreckten zur Erpressung der „Wahrheit“ nicht vor schlimmster Folter zurück.

In einer Urkunde aus dem Jahre 1104 soll der Bischof von Naumburg angewiesen haben, rigoros

gegen widersetzliche slawische Bevölkerung vor zu gehen, die dem christlichen Glauben nicht folgen wollten. Bischof Hildeward 1003-1030 als Bischof tätig. ( Wikipedia)

Die Mark Meißen erlangte für unseren Siedlungsraum und für die sächsische Geschichte besondere Bedeutung.

Die Wettiner, die als Markgrafen der Mark Meißen entscheidend die Entwicklung Sachsens beeinflussten und gestalteten, gibt es auch heute noch, jedoch beschränkt sich ihr

„Herrschaftsbereich“ auf ganz bürgerliche Aktivitäten.

  

Der Wettiner Konrad erhielt im Jahre 1127 die Meißner Markgrafschaft als erbliches Lehen.

Gustav Niemetz, Geschichte der Sachsen, Seite 48

Er konnte also das Lehen an seine Kinder weiter vererben. 

Er erhielt ebenso den Marktort Oschatz als Lehen vom Naumburger Hochstift und dazu das Schutzrecht und die Vogteigewalt, was sich auf die selbständige Führung und die Besitzrechte Konrads auswirkte.


Das 12.Jahrhundert brachte eine Zeit der Verwandlung und des Vorwärtsgehens.

Erste Städte entstanden und entwickelten sich schnell. Uralte Handelswege führten von einer Stadt  zur anderen oder von einer Region in die andere. In unserer Region war die Hohe Straße oder die Via Regia oder Alte Salzstraße ( geht auf einen Handelsweg zurück, der von Halle kommend, in Strehla einen Salzmarkt entstehen ließ) genannt eine solche Lebensader. Ihre nördliche Führung kam  über eine  Elbefurt  von Strehla aus. Die Adelsfamilie von Pflugk in Strehla sicherte die Händler mit einem Geleite ab.Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V. 1/2007

                           Dr. Klaus Karl: Zwischen Strehla und Dahlen- Das Schicksal einer alten Straße, Seite 35-45

Diese Handelsstraße führte über Leckwitz, den Dürren Berg über den Liebschützberg, Lampertswalde und Dahlen bis Leipzig und weiter.

Die an der Straße gelegenen Ortschaften konnten sich durch Handel und Gewerbe recht gut entwickeln. In Lampertswalde gibt es noch die legendäre Gastwirtschaft „ Zum scharzen Adler“.

Der Dahlener Marktplatz wurde von einigen großen ehemaligen Gastwirtschaften und Ausspannen

gesäumt – Zum goldenen Anker- oder - Der goldnene Engel-.Möglicherweise war der heutige STT von Dahlen – Schwarzer Kater- ein Knotenpunkt im Handelswesen. Auf jeden Fall sorgte die einstige Gastwirtschaft und Ausspanne „ Scharzer Kater“ für Neugier und Interesse in unserer Zeit.

Sicherlich hatten aber auch Schmiede-Hufschmiede, Sattler, Stellmacher.... ein gutes Auskommen.

Deutsche Bauern aus Franken, Sachsen..., siedelten auf dem Land zwischen Saale und Elbe.

Unter schwerster körperlicher Arbeit rodeten sie Wälder, bauten ihre Dörfer nach den Gegebenheiten des Geländes auf und begannen den Boden urbar zu machen.

Die Markgrafen von Meißen wiesen ihnen Land zu und ortsansässige Beauftragte der Markgrafen   ( Lokatoren) gaben den Umsiedlern ca. eine Hufe ( ca. 8-16 ha )Land zum Bearbeiten und natürlich auch um zu überleben.

Überliefert ist aus jener Zeit der Spruch: „ Dem ersten der Tod, dem zweiten die Not, dem dritten das Brot“. Harald Köpping, Zur Geschichte der Bauernwälder in der Dahlener Heide“

Die Bauern, die den Mut hatten, sich neue Lebensräume zu erarbeiten, erhielten das Siedelland als

vererbbares Lehen.

Die slawischen Bevölkerung wurde in die Entwicklung eingebunden oder gezwungen.Das Slawische jedoch verlor jedoch über Jahrhunderte an Bedeutung. Ortsnamen, einige Worte , die z.T. schon aus dem Sprachgebrauch verschwunden sind, erinnern noch daran.


Möglicherweise sind Groß -und Kleinböhla in jener Zeit entstanden.

Über Großböhla gibt es eine einzige zuverlässige Nachricht über die Existenz des Ortes.

1346 – Bistumsmatrikel.


Über Kleinböhla sind nur Vermutungen anzustellen.

Eine alte  frühdeutsche Wasserburg in den Fluren von Kleinböhla ist Zeugnis dafür, dass sich bereits im frühen Mittelalter Menschen hier angesiedelt hatten.


Neuböhla ist nach dem 2.Weltkrieg entstanden.



Durch die Ostbesiedelung vom 10. -13.Jh. sind  unsere jetzigen Besiedelungsstrukturen maßgeblich

entstanden. Orte haben sich erhalten, Orte sind wüst gegangen und nicht wieder besiedelt worden.

Städte (z.B. Leipzig, Dresden ) sind entstanden und haben noch heute kulturpolitische und wirtschaftliche Bedeutung in unserer sächsischen Heimat.